Archiv des Autors: Steffen Pollrich

Kartierung Eulenfalter

Zum aktuellen Stand der Kartierung der Eulenfalter (Lep., Noct.) im Freistaat Sachsen und Aufruf zur Mitarbeit

Einleitung

Bestandteil des Projektes „Entomofauna Saxonica“ ist bekanntermaßen u.a. auch die Schmetterlingserfassung im Allgemeinen und die Erfassung der Eulenfalter im Speziellen. Mittlerweile liegen einige regionale Faunenwerke für Sachsen, wie für die Oberlausitz (Sbieschne et al 2010-2014) oder das Mulde-Lößhügelland (Eigner et al. 2009) und die Tagfalterfauna von Sachsen (Reinhardt et al. 2007) vor. Ziel der Eulenfalterkartierung war und ist ebenfalls die Erstellung eines zusammenfassenden Faunenwerkes. Eine terminliche Einordnung muss noch offen bleiben, da noch eine Vielzahl auch älterer Daten aufzubereiten und in die Datenbank aufzunehmen ist.

Vorerst werden nach und nach auf der Homepage der EFG-Sachsen Artensteckbriefe der in Sachsen gemeldeten Eulenfalterarten eingestellt und versucht, einen einigermaßen aktuellen Stand der Erfassung zu repräsentieren. Aus Zeitkapazitätsgründen wird sich das über einen langen Zeitraum hinziehen (ich bitte deshalb um Nachsicht). Für Hinweise bin ich immer offen und Fotos (Falter, Raupe, Habitat) sind immer willkommen.

Zeitlicher Ablauf der Arbeiten zu den Eulenfaltern Sachsens

Ein Kommentiertes Verzeichnis wurde 1994 erstellt (Fischer 1994). Dieses Verzeichnis umfasste eine Auflistung von 418 Noctuiden-Arten mit Zuordnung zu drei Zeithorizonten und den fünf damals gültigen Planungsregionen. Ausgewählte Arten wurden kommentiert. Ein Jahr später wurde die erste Rote Liste der in Sachsen gefährdeten Eulenfalter-Arten auf Basis des damaligen Kenntnisstandes erarbeitet (Fischer 1995). Zum Stand der Eulenfalterkartierung in Sachsen wurde 1996 informiert (Fischer 1996). Zu diesem Zeitpunkt waren 419 Arten bekannt. Eine noch von Hand gefertigte Rasterkarte zeigte die Belegung der Messtischblattquadranten-Raster mit Daten. Schwerpunkte der Erfassungstätigkeit waren sehr gut sichtbar. Diese konzentrierten sich vor allem dort, wo Lepidopterologen wohnten. Mit der Zunahme der Mobilität und der Verbesserung der Technik zum Leuchten (Unabhängigkeit von stationären Stromquellen) wurde der Erfassungsradius wesentlich erhöht und Erfassungslücken geschlossen. Der Kenntnisstand zur Verbreitung konnte wesentlich verbessert, aber auch Bestandstrends abgeleitet werden, da auch auf ältere Quellen zurückgegriffen werden konnte (Möbius 1905 und 1922; Heinicke & Naumann 1980-1982). Auch wurde die Datenarchivierung Schritt für Schritt verbessert. Erste Datenbankprogramme wurden entwickelt. Handgeschriebene Karteien wurden digitalisiert, zunächst mit dem Datenbankprogramm SoftCol, danach mit dem bereits sehr komfortablen InsectIS und schließlich mit MultibaseCS, welches die Arbeit mit sehr großen Datenmengen ermöglicht und ständig verbessert und gewartet wird. Außerdem ermöglicht die Nutzung dieser Datenbank einen unkomplizierten Austausch mit der Zentralen Artdatenbank des Freistaates Sachsen. Eine Analyse der Veränderungen in der Fauna der Eulenfalter der letzten 150 Jahre ist in Fischer (2008) aufgezeigt. Bis zum Jahr 2007 wurden 421 Arten für das heutige Territorium des Freistaates Sachsen registriert. Die letzte zusammenfassende Darstellung der in Sachsen nachgewiesenen Eulenfalter enthält 432 Arten und ist in Reinhardt et al. (2011) enthalten.

Aktueller Stand und Bemerkungen zur Taxonomie

Aktuell wurden bisher in Sachsen 436 Arten (Artstatus bei einigen Taxa noch unsicher) registriert. Die Datenbank der sächsischen Eulenfalter (s.str. – vgl. nachfolgende Erläuterung) umfasst derzeit ca. 31.000 Datensätze. Dem aktuell oft verwendeten System, bei dem die Familien der Bärenspinner (Arctiidae) und Trägspinner (Lymantriidae) als Unterfamilien (Arctiinae und Lymantriinae) aufgefasst und in die Noctuidae integriert oder auch gemeinsam mit einigen bisher zu den Noctuiden gehörenden Unterfamilien (z.B. Herminiinae, Hypeninae) in die Familie Erebidae gestellt werden, wird in Sachsen vorläufig nicht gefolgt. Zu viele Fragen sind noch nicht geklärt, zu viele taxonomische Gliederungen sind in Verwendung. Vom ehemaligen Ziel der binären wissenschaftlichen Nomenklatur, die wissenschaftliche Nomenklatur einheitlich zu gestalten und man sich international verständigen kann, ist man weiter entfernt, als je zuvor. Die Verwirrung wird immer größer und den Freizeitentomologen nicht mehr vermittelbar (noch immer arbeiten einige mit dem in Koch „Wir bestimmen Schmetterlinge“ verwendeten System von Seitz 1909-1914). Umgesetzt werden hingegen einige plausible und nachvollziehbare Nomenklaturänderungen für einzelne Arten. Alle Meldungen werden im Zuge der Datenbankeingabe einer Plausibilitätskontrolle unterzogen. Jeder einzelne eingehende Datensatz wird noch mal „angefasst“. Zweifelhafte Meldungen werden nicht aufgenommen oder entsprechend markiert. In jedem Falle wird bei nicht schlüssigen Angaben hinterfragt und wenn möglich Fotos oder auch Belege geprüft. Bei Artkomplexen, die eindeutig nur genitalmorphologisch zu trennen sind, z.B. Acronicta psi (Linnaeus, 1758) / tridens ([Denis & Schiffermüller], 1775) / cuspis (Hübner, [1813]), Mesapamea secalis (Linnaeus, 1758) / secalella (Remm, 1983), Amphipoea fucosa (Freyer, 1830) / oculea (Linnaeus, 1761) / lucens (Freyer, 1845) wird die Artangabe oft unsicher bleiben und als Komplex geführt, wenn vom Datenlieferanten nicht ausdrücklich die sichere Determination nachgewiesen wird. Ich fühle mich aus Zeitgründen nicht in der Lage, die vielen hundert oder gar tausend Genitalpräparationen durchzuführen. Unterstützung ist hier sehr wünschenswert. Mehrere zehntausend Datensätze können/müssen noch eingegeben werden, darunter auch Altdaten und die Ergebnisse einer über 21 Jahre erfolgten Lichtfallenauswertung am Standort Schwarzenberg (soll zu gegebener Zeit gesondert publiziert werden). Jährlich kommen neue Daten hinzu. In den letzten Jahren konnten für Sachsen mehrere Erstnachweise registriert werden, deren Fundumstände bereits publiziert wurden oder noch werden. Dies betrifft z.B. Schrankia taenialis (Hübner, 1809), Eublemma purpurina ([Denis & Schiffermüller], 1775), Athetis lepigone (Möschler, 1860), Caradrina gilva (Donzel, 1838), Caradrina kadenii (Freyer, 1836), Thysanoplusia orichalcea (Fabricius, 1775) (eingeschleppt mit Salat), Atethmia centrago (Haworth, 1809), Coenobia rufa (Haworth, 1809). Auch künftig wird mit weiteren Zuwanderern zu rechnen sein. Andererseits konnten einige Arten in den letzten 20 Jahren nicht mehr nachgewiesen werden und es steht zu befürchten, dass diese für Sachsen als erloschen gelten müssen. An dieser Stelle möchte ich dazu aufrufen, ganz gezielt nach diesen Arten zu suchen.

Hierzu zählen folgende Arten (mit Angabe letzter Vorkommensregion):
Acronicta menyanthidis (Esper, [1789])                                Kammmoore im Erzgebirge,
Simplicia rectalis (Eversmann, 1842)                                    Oberlausitz,
Catephia alchymista ([Denis & Schiffermüller], 1775)       Oberlausitz,
Autographa jota (Linnaeus, 1758)                                         Oberlausitz, Leipziger Land, Vogtland,
Abrostola asclepiadis ([Denis & Schiffermüller], 1775)      Oberlausitz, Leipziger Land, Vogtland,
Amphipyra livida ([Denis & Schiffermüller], 1775)             Oberlausitz,
Athetis pallustris (Hübner, [1808])                                        Oberlausitz (Weißwasser)
Aporophyla nigra (Haworth, 1809)                                       Oberlausitz,
Apamea epomidion (Haworth [1809])                                  Oberlausitz, Leipziger Land,
Apamea oblonga (Haworth, 1809)                                        Oberlausitz, Leipziger Land,
Hydraecia petasitis Doubleday, 1847                                   Oberl., Leipz. Land, Sächs. Schweiz
Celaena haworthii (Curtis, 1829)                                           Oberlausitz,
Archanara algae (Esper, [1789])                                            Oberlausitz, weitere Teichgebiete in Sachsen,
Lacanobia splendens
(Hübner, [1808])                                 Oberlausitz, Leipziger Land,
Hadena confusa (Hufnagel, 1766)                                         Oberlausitz, Leipziger Land,
Senta flammea (Curtis, 1828)                                                 Oberlausitz, Teichgebiete in Nordwestsachsen,
Spaelotis ravida
([Denis & Schiffermüller], 1775)               Elbe (Torgau, Kathewitz)
Xestia ashworthii (Doubleday, 1855)                                     Oberlausitz,
Protolampra sobrina (Duponchel, 1842)                              Oberlausitz,
Actebia praecox (Linnaeus, 1758)                                          Oberlausitz

Von einzelnen Arten gibt es nur Einzelfunde oder sehr wenige Funde und vermutlich fallen auch einige in Möbius (1905) genannte Arten darunter, wie z.B. Prodotis stolida (Fabricius, 1775), Phragmatiphila nexa (Hübner, [1808]), Valeria oleagina ([Denis & Schiffermüller], 1775). Das ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Diese Arten werden vorläufig nicht zur indigenen (dauerhafte oder zumindest vorübergehende nachweisliche Reproduktion) sächsischen Fauna gezählt.

Ausblick
Die Datenbank soll in den nächsten Monaten und Jahren weiter vervollständigt werden. Die Kenntnisse zur Verbreitung und vor allem auch zur Biologie der Arten soll weiter verbessert werden. Hierzu ist aber auch ein Mindestmaß an Parametern erforderlich, welche bei den Meldedaten mit übergeben werden sollten. Neben genauem Funddatum, dem Beobachter und Bestimmer der Art, einer nachvollziehbaren Beschreibung der Lage des Fundortes oder Koordinaten bzw. Karten-/Luftbildskizze, Methodik, wenn möglich Anzahl oder Häufigkeitsklasse und bei Raupenfunden ist die Angabe Fraßpflanze wünschenswert.
Aus den hier abgebildeten Karten sind Räume mit Erfassungslücken ersichtlich. Diese sollten noch geschlossen werden. Bei Artenpaaren, die sich auch anhand von Zeichnungsmerkmalen hinlänglich determinieren lassen, z.B. Amphipyra pyramidea (Linnaeus, 1758) / berbera Rungs, 1949, Plusia festucae (Linnaeus, 1758) / putnami (Grote, 1873), Noctua janthina ([Denis & Schiffermüller], 1775) / janthe (Borkhausen, 1792) sollte auch exakt bis zur Art bestimmt werden. Wenn es doch Unsicherheiten bei einigen Exemplaren gibt, das bitte vermerken. Bei Vorhandensein von Belegen kann eine Nachbestimmung oft auch anhand entsprechend guter Fotos erfolgen.
Letztendlich sind unsere Daten für die Naturschutzbehörden Grundlage für administrative Entscheidungen und für Schutzbemühungen. Sie sollen aber auch die Wertstellung der entomologischen Freizeitforschung verbessern.

Rote Liste
Das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hat die Neuerstellung der Roten Liste der Eulenfalter beauftragt, da die Einstufungen aus 1995 nicht mehr der Realität entsprechen und außerdem ein neuer Bewertungsmodus anzuwenden ist, der die Einstufung nachvollziehbar und vergleichbar macht. Diese neue Rote Liste wird voraussichtlich 2017 erscheinen und der Auftakt für weitere Rote Listen der spinnerartigen Familien und Spanner sein. Die neuen Roten Listen werden komplette Artenlisten mit Gefährdungseinstufung, soweit relevant, enthalten. Ausgewählte Arten sind kommentiert. Wir sollten 2016 die Gelegenheit nutzen, an ausgewählten Standorten (lokale Erfassungslücken, ehemalige Vorkommen, besondere Habitate) nochmals Erfassungen durchzuführen, um gezielt Arten zu suchen, von denen es in den letzten Jahren keine oder kaum noch Funde gab. Einige solcher Arten sind oben erwähnt, aber auch von z.B. Phytometra viridaria, Diloba caeruleocephala, Conistra ligula, Dichonia convergens, Luperina nickerlii (Freyer, 1845), Orthosia opima, u.a. gibt es kaum aktuelle Meldungen.

Fundpunktkarte (Stand Ende 2015)

Karte der mit Daten belegten Fundpunkte (Stand Ende 2015). Eine große Lücke klafft zwischen Elbe und Vereinigter Mulde, aber auch im Übergangsbereich vom Mittel- zum Osterzgebirge. Der beste Durchforschungsgrad besteht in der Oberlausitz sowie um Leipzig und Dresden.


Karte der belegten Messtischblattquadranten-Raster. Es gibt nur noch relativ wenige Raster (26), von denen noch gar keine Daten vorliegen (Stand Ende 2015)


Karte der nachgewiesenen Artenzahlen je Messtischblatt (Stand Ende 2015). Diese Zahlen relativieren die Aussage der vorangegangenen Karte etwas. Es gibt mehrere Messtischblätter, die mit lediglich einer Art belegt sind (meist Gamma-Eule), also auch hier Untersuchungsdefizite bestehen. Man kann grob einschätzen, dass auf jedem Messtischblatt mindestens 100 Arten vorkommen können. Dies zeigt die Defizite auf weiteren MTB auf. Raster mit >200 Arten können durchaus als Hotspots bezeichnet werden. Diese sind vor allem zu finden im Oberlausitzer Teichgebiet und in der Dübener Heide.

Es soll aber auch darauf hingewiesen werden, dass für einige Standorte noch nicht alle Fundlisten in die Datenbank eingegeben sind. Änderungen sind noch zu erwarten. Diese Abbildungen sollen aber auch Ansporn sein, die Erfassungen fortzusetzen und zielgerichteter vorzugehen.

Dank
Ausdrücklich gedankt sei den Entomologen, die ihre Daten für die Bearbeitung zur Verfügung stellen. Diese sind nachfolgend aufgelistet (Meldungen seit 2000):

Anger, Joachim (Zwönitz);
Beck, Klaus-Rüdiger (†, Demitz-Thumitz)
Blau, Jan (Dresden)
Böttcher, Steffen (Delitzsch)
Bogunski, Gerd (Reinsdorf)
Brendler, Uwe (Hainichen)
Brümmer, Lothar (Dresden)
Däbritz, André (Leipzig)
Dietrich, Wolfgang (Annaberg-Buchholz)
Eigner Marko (Chemnitz-Einsiedel)
Einspender, Rolf (Dresden)
Erlacher, Sven (Chemnitz)
Gärtner, Steffen (Bad Lausick)
Gebert, Jörg (Schleife-Rohne)
Gläser, Jörg (Chemnitz)
Graf, Friedmar (Großdubrau)
Hardtke, Hans-Jürgen (Possendorf)
Hausotte, Maik (Leipzig)
Heitz, Rainer (Bautzen)
Hoefer, Dietmar (Schönheide)
Hofmann, Harald (Bautzen)
Hoffmann, Mathias (Leipzig)
Jacobasch, Jens (Gröditz)
Jornitz, Hartmut (Bischofswerda)
Klemm, Rainer (Grumbach)
Koop, Detlev (Cunewalde)
Krahl, Michael (Görlitz)
Kunick, Uwe (Hoyerswerda)
Küntzel, Hartmut (Wildenfels)
Lässig, André (Oberwiera)
Leutsch, Hans (†, ehem. Oderwitz)
Lindner, Lothar (Beucha)
Martin, Hans (Leipzig)
Martschat, Siegmar (Leipzig)
Melzer, Heidrun (Leipzig)
Menzel, René (Olbersdorf)
Müller, Rando (Jena)
Müller, Ulrich (Annaberg-Buchholz)
Nowak, Dagmar (Beucha)
Nowak, Georg (Hof-Epplas)
Ockruck, Fred (Wandlitz)
Oehme, Horst (Langenchursdorf)
Peipe, Andreas (Dresden)
Pimpl, Friedemann (Niesky, OT Kosel)
Pollrich, Steffen (Claußnitz, OT Markersdorf)
Pröse, Herbert (†, ehem. Hof)
Reinhardt, Rolf (Mittweida)
Rieger, Elisabeth (Steinigtwolmsdorf)
Sbieschne, Heinz (Bautzen)
Schiller, Ronald (Leipzig)
Schmidt, Dieter (Waldheim)
Schottstädt, Dieter (Freiberg)
Sieber, Max (Großschönau)
Sobczyk, Thomas (Hoyerswerda)
Steinz, Siegfried (Altenberg)
Stöckel, Dieter (Königswartha)
Stuck, Waltraut (Tschernitz)
Then, Peter (Langenau)
Thoß, Steffen (Falkenstein)
Träger, Beate (Halle)
Trampenau, Mario (Großdubrau)
Trusch, Robert (Karlsruhe)
Voigt, Hanno (Freital)
Wagler, Dietrich + Helga (Leipzig)
Wagner, Wolfgang (Lichtentanne-Thanhof)
Wallberg, Uwe (Leipzig)
Wauer, Sven (Ebersbach)
Weisbach, Peter (Berlin)
Weiß, Stefan (Auerbach/Erzg.)
Wießner, Sven (Dresden)
Wintermann, Heinz (Dorfchemnitz)
Zimmermann, Bernd (Oderwitz)

Eingeflossen in die Datenbank sind verwertbare Daten des Planungsbüros TRIOPS (leg. Kühnapfel) und des Pflanzenschutzamtes Dresden (det. Schottstädt).

Literatur

Eigner, M., A. Lässig, S. Pollrich, S. Wiessner, D. Schottstädt & R. Reinhardt (2009): Die Schmetterlingsfauna des Naturraumes Mulde-Lößhügelland (Lepidoptera). Ein Beitrag zur Naturraumausstattung. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 8. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen, Supplement 7.

Fischer, U. (1994): Kommentiertes Gesamtartenverzeichnis der im Freistaat Sachsen nachgewiesenen Eulenfalter (Insecta, Lepidoptera, Noctuidae), Stand: 31.10.94. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 26.

Fischer, U. (1995): Rote Liste Eulenfalter-Stand 1995. – Materialien zu Naturschutz u. Landschaftspflege 8, Hrsg. Sächsisches Landesamt f. Umwelt und Geologie.

Fischer, U. (1996): Zum Stand der Kartierung der Eulenfalter (Noctuidae) im Freistaat Sachsen. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 33: 21 – 23.

Fischer, U. (2008): Veränderungen in der Fauna der Eulenfalter (Noctuidae) in Sachsen in den letzten 150 Jahren [LEP]. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 81: 15 – 20.

Heinicke, W. & C. Naumann (1980-1982): Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Lepidoptera- Noctuidae. – Beitr. Ent. 30 (1980): 385-448, 32 (1982): 39-188.

Möbius, E. (1905): Die Grossschmetterlings-Fauna des Königreiches Sachsen. – Entomologischer Verein Iris zu Dresden.

Möbius, E. (1922): Nachtrag zur Gross-Schmetterlings-Fauna Sachsens. – Sonderdruck aus der Deutschen Entomologischen Zeitschrift Iris Band XXXVI.

Reinhardt, R., H. Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler (2007): Tagfalter von Sachsen. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 6. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11, Dresden.

Reinhardt, R., U. Fischer, F. Graf, R. Klemm, R. Schiller, T. Sobczyk & D. Stöckel (2011): Checkliste der Schmetterlinge Sachsens (Lepidoptera), 2. Auflage (Stand 31.12.2010. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 14. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen, Supplement 10.

Seitz, A. (1909-1914): Die Großschmetterlinge der Erde. – W. Warren, Stuttgart.

Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, S. Wauer & M. Trampenau (2010): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 1: Hepialidae, Psychidae, Limacodidae, Zygaenidae. Sesiidae, Cossidae, Lasiocampidae, Endromidae, Saturniidae, Lemoniidae, Sphingidae, Drepanidae, Notodontidae, Pantheidae, Lymantriidae, Nolidae, Arctiidae. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 12. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 13, Dresden.

Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, S. Wauer, M. Trampenau & H. Jornitz (2012): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 2: Die Eulenfalter (Noctuidae). In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 13. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 14, Dresden.

Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, S. Wauer, M. Trampenau & H. Jornitz (2013): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 3: Die Spanner (Geometridae). In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 16. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 16, Dresden.

Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, M. Trampenau & R. Reinhardt (2014): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 4: Die Tagfalter (Diurna). In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 18. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 18, Dresden.

 

 

 

Bearbeiter: Uwe Fischer (Colditz)

 

Cucullia verbasci (Königskerzen-Mönchseulenfalter)

Cucullia (Shargacucullia) verbasci (Linnaeus, 1758)
Königskerzen-Mönchseulenfalter

Synonyme
Noctua verbasci Linnaeus, 1758
Cucullia oberthueri Rothschild, 1911

 Rechtlicher Schutz und Rote Liste
Artenschutzrechtlicher Schutzstatus                                § (besonders geschützt)
Anhänge II und IV FFH-Richtlinie                                        –
Rote Liste Deutschland (Wachlin & Bolz 2011)                * (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen (Fischer 1995)                                      2 (stark gefährdet)
Vorschlag für Aktualisierung Rote Liste Sachsen             V (Vorwarnliste)

 Allgemeine Artinformationen
Kennzeichen
Die Art gehört zu den braunen Mönchseulenfaltern, von denen aktuell noch drei weitere Arten (C. lychnitis, C. scrophulariae, C. prenanthis) in Sachsen vorkommen und mit denen der Königskerzenmönch verwechselt werden kann. Dasselbe trifft auch teilweise für die Raupen zu.

Falter (Foto: R. Klemm, Grumbach 9.6.2012)
Der Falter ist nicht genitalisiert. Die Determination zu C. verbasci erfolgte aufgrund des diffusen Überganges des dunklen Vorderrandes in das hellere Mittelfeld.

Falter
Braunwurz-Mönchseule (Cucullia scrophulariae), erscheint etwas schmalflügliger und etwas heller (der Übergang vom dunklen Vorderrand der Vorderflügel zum hellen Mittelfeld ist schärfer und kontrastreicher, bei verbasci mehr diffus).
Graubestäubte Wollkrautmönchseule (Cucullia lychnitis), ist etwas weniger kontrastreich, die Adern im hellen Mittelfeld der Vorderflügel sind dunkel bestäubt. Im Zweifelsfalle bringt nur eine genitalmorphologische Untersuchung Sicherheit.

Raupen
Die Raupen aller drei Arten ähneln sich in der Färbung. C. verbasci und C. lychnitis leben an Königskerzen-Arten, verbasci mehr an den Blattrosetten und phänologisch früher, als die von lychnitis, die an den Blüten- und Fruchtständen fressen. C. scrophulariae lebt ausschließlich an Braunwurz.

Parasitierte Raupe, Gartenanlage in Auerbach (Foto: S. Thoß)

Fast erwachsene Raupe an Verbascum thapsus, Gartenanlage Rosenthal, Schwarzenberg (Foto: U. Fischer, 11.6.2008)

Lebensweise
Die Art ist xero- bis leicht mesophil und ein Bewohner weitgehend offener Landschaften. Die Falter fliegen im späten Frühjahr und Frühsommer, werden aber nur selten beobachtet. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und kommen nur gelegentlich an das Licht.
Der Hauptanteil der Nachweise erfolgt als Raupe, diese sind markant und leicht zu finden. Oft fallen die Kotballen an den besiedelten Blattrosetten als erstes auf. Die Eiablage erfolgt an den Blättern von Königskerzen (Verbascum spp.). Die Raupenentwicklung verläuft relativ schnell, meist innerhalb von 4 Wochen. Die Verpuppung erfolgt in einem recht festen Kokon in Bodennähe. Viele Raupen sind parasitiert und sterben im Kokon ab, noch bevor sie die letzte Raupenhaut abgestreift haben. Einzelne Puppen können mehrere Jahre überliegen.

Nahrung
Raupennahrung sind Königskerzen (Verbascum spp.). Konkrete Angaben für Sachsen gibt es von Verbascum thapsus, V. densiflorum, V. lychnitis, V. nigrum. In der Oberlausitz wird offenbar V. lychnitis bevorzugt, in anderen Naturräumen, wie Erzgebirge und Vogtland V. thapsus. Die Raupen fressen an den Blättern, vor allem vom Blattrand her. Manchmal bleiben nur die Blattrippen stehen.

Die Falter suchen vermutlich Blüten zur Nektaraufnahme auf. Ob es diesbezüglich Präferenzen gibt, ist nicht bekannt, da Beobachtungen hierzu fehlen.

Überregionale Verbreitung
Holo-Mediterran-Persisch (Eurasiatisch). Im Westen von der Iberischen Halbinsel (außer Portugal und der westlichen und nordwestlichen Teile Spaniens) über Italien (inkl. Inseln), West- und Mitteleuropa bis zum Ural, weiter ostwärts bis West-Afghanistan. In Großbritannien fehlt die Art in Schottland und Irland. Die nördliche Arealgrenze im kontinentalen Europa liegt etwa am 60. Breitengrad (Ronkay & Ronkay 1994). Im Süden reicht das Areal bis Nordafrika, ist hier aber inselartig zersplittert.
In Deutschland ist die Art in allen Bundesländern nachgewiesen.

Erhaltungszustand
SN: günstig (gutachterliche Bewertung)

Verantwortlichkeit (SN)
Allgemeine Verantwortlichkeit

Vorkommen
Status Etablierung in SN
indigen

Langfristiger Bestandstrend (SN)
starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend (Sachsen)
deutliche Zunahme

Bestand
Datensätze zurzeit in DB der Entomofaunistischen Gesellschaft Sachsen: 56
21 von 137 Messtischblättern (15%) sind seit 2000 mit Fundpunkten belegt. Ähnlich, wie C. scrophulariae wurde auch C. verbasci über nahezu 30 Jahre (zwischen 1968 und 1995) nicht gefunden, zumindest wurden keine Funde bekannt und dokumentiert. Die Art hatte ihr Areal aus Sachsen offenbar zurückgezogen.
Etwa 35 Fundpunkte sind zurzeit in der Datenbank dokumentiert. Es ist anzunehmen, dass es weitere Vorkommen gibt.

Fundpunktübersicht mit Nachweisen der Art (Stand Februar 2016)

Zeitraumkarte auf MTB-Quadrantenraster

Bestandsentwicklung / aktuelle Verbreitung
Der Königskerzen-Mönch war bis nach Mitte des letzten Jahrhunderts in Sachsen verbreitet und nicht selten, hat aber die höheren Lagen gemieden. Möbius (1905) bezeichnet die Art als häufig und gibt aus allen Landesteilen Funde an. Nach Heinicke & Naumann (1980 – 1982) im Süden der DDR verbreitet. In der Oberlausitz gab es letztmalig Raupenfunde 1968 durch Sbieschne, um dann für 30 Jahre zu verschwinden (Sbieschne et al. 2012). Möglicherweise war dies auch der zunächst letzte sächsische Nachweis. Der erste Fund nach dieser Absenzperiode gelang Jacobasch 1995 in der Gohrischheide in Form eines Falterfundes. Den ersten Raupennachweis gab es dann 1998 in der Oberlausitz durch Jornitz (Baruth – Schafberg). In den Folgejahren nahm die Funddichte und -Häufigkeit zu, ein Prozess, der sich noch heute fortsetzt, aber nicht den Umfang, wie bei C. scrophulariae erreicht. Aktuell sind 8 der 16 Naturräume Sachsens (dabei sind Oberlausitz und Erzgebirge nicht untergliedert), besiedelt.

Phänologie
Falterflugzeit (4 DS mit Datumsangabe)                Anfang April (6.4.) bis Mitte Juni (18.6.)
Raupe (48 DS mit Datumsangabe)                         Ende 1. Dekade Mai (10.5.) bis Mitte Juli (16.7.)

Erläuterung Phänologie
Die Puppen überwintern. Der Falterschlupf beginnt je nach Witterung bereits im April (bisher frühester Fund am 6.7.2007 in Wildenfels, leg. Küntzel). Die Flugzeit zieht sich bis Mitte Juni hin. Die Falteraktivitätsperiode beträgt 8-10 Wochen, wobei Einzelindividuen wohl nicht länger als 2 Wochen leben. Die ersten Eier werden gegen Ende April gelegt. Meist werden die Raupen erst beobachtet, wenn sie schon etwas größer sind (L2-L3). Frühester Fund am 10.5.2009 in Leipzig Wahren durch Wallberg, spätester Fund am 16.7.2011 in Grünhain/Erzgeb. durch Fischer. Die Raupenentwicklungszeit dauert etwa 4-6 Wochen.

Lebensraum/Habitat
Lebensräume sind offene, sonnenexponierte Ruderalfluren auf steinigen Böschungen, Dämmen, an Flussufern, Geröllhängen, in Weinbergen und Abbaugebieten/offenen Halden auf trockenen, eher nährstoffarmen bis mäßig nährstoffreichen Standorten mit Vorkommen von Königskerzen-Arten. Hierzu gehören Xero- und basiphytische Saumgesellschaften (Ordnung Origanetalia vulgaris), Xerophytische ruderale Distelgesellschaften (Ordnung Onopordetalia acanthii) sowie pflanzensoziologisch nicht zuzuordnende vegetationsarme Standorte in Gärten (aufgelassene Beetkulturen) oder andere Pionierstandorte. (Taxonomie der Vegetation nach Böhnert et al. 2001). Diese Charakterisierung trifft im Wesentlichen für das Eiablage und Raupenhabitat zu. Die sehr mobilen Falter sind auf der Suche nach neuen Eiablageplätzen auch außerhalb dieser Habitate zu finden.

Höhenstufen
planar-montan

Orogramm von C. verbasci

Besiedelt werden alle in Sachsen vorkommenden Höhenstufen, wobei die in der montanen Stufe nur der untere bereich erreicht wird. Schwerpunkt ist die planare Stufe, was auch die höheren Wärmeansprüche der Art verdeutlicht. Damit weicht die Höhenverbreitung aktuell kaum von der historischen ab.

Gefährdungen
Akute Gefährdung wäre potenziell die Vernichtung der für Königskerzen besiedelbaren Standorte durch Aufforstung und Bebauung.

Literatur
Böhnert, W., P. Gutte & P.A. Schmidt (2001): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2001; Hrsg. Freistaat Sachsen, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie.
Fischer, U. (1995): Rote Liste Eulenfalter-Stand 1995. – Materialien zu Naturschutz u. Landschaftspflege 8, Hrsg.: Sächsisches Landesamt f. Umwelt und Geologie.
Heinicke, W. & C. Naumann (1980-1982): Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Lepidoptera- Noctuidae. – Beitr. Ent. 30 (1980): 385-448, 32 (1982): 39-188.
Möbius, E. (1905): Die Großschmetterlinge des Königreiches Sachsen. – Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris 17: I–XXI, 1-235.
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Bearbeitung: Uwe Fischer (Colditz); Stand: 23.02.2016