Cucullia verbasci (Königskerzen-Mönchseulenfalter)

Cucullia (Shargacucullia) verbasci (Linnaeus, 1758)
Königskerzen-Mönchseulenfalter

Synonyme
Noctua verbasci Linnaeus, 1758
Cucullia oberthueri Rothschild, 1911

 Rechtlicher Schutz und Rote Liste
Artenschutzrechtlicher Schutzstatus                                § (besonders geschützt)
Anhänge II und IV FFH-Richtlinie                                        –
Rote Liste Deutschland (Wachlin & Bolz 2011)                * (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen (Fischer 1995)                                      2 (stark gefährdet)
Vorschlag für Aktualisierung Rote Liste Sachsen             V (Vorwarnliste)

 Allgemeine Artinformationen
Kennzeichen
Die Art gehört zu den braunen Mönchseulenfaltern, von denen aktuell noch drei weitere Arten (C. lychnitis, C. scrophulariae, C. prenanthis) in Sachsen vorkommen und mit denen der Königskerzenmönch verwechselt werden kann. Dasselbe trifft auch teilweise für die Raupen zu.

Falter (Foto: R. Klemm, Grumbach 9.6.2012)
Der Falter ist nicht genitalisiert. Die Determination zu C. verbasci erfolgte aufgrund des diffusen Überganges des dunklen Vorderrandes in das hellere Mittelfeld.

Falter
Braunwurz-Mönchseule (Cucullia scrophulariae), erscheint etwas schmalflügliger und etwas heller (der Übergang vom dunklen Vorderrand der Vorderflügel zum hellen Mittelfeld ist schärfer und kontrastreicher, bei verbasci mehr diffus).
Graubestäubte Wollkrautmönchseule (Cucullia lychnitis), ist etwas weniger kontrastreich, die Adern im hellen Mittelfeld der Vorderflügel sind dunkel bestäubt. Im Zweifelsfalle bringt nur eine genitalmorphologische Untersuchung Sicherheit.

Raupen
Die Raupen aller drei Arten ähneln sich in der Färbung. C. verbasci und C. lychnitis leben an Königskerzen-Arten, verbasci mehr an den Blattrosetten und phänologisch früher, als die von lychnitis, die an den Blüten- und Fruchtständen fressen. C. scrophulariae lebt ausschließlich an Braunwurz.

Parasitierte Raupe, Gartenanlage in Auerbach (Foto: S. Thoß)

Fast erwachsene Raupe an Verbascum thapsus, Gartenanlage Rosenthal, Schwarzenberg (Foto: U. Fischer, 11.6.2008)

Lebensweise
Die Art ist xero- bis leicht mesophil und ein Bewohner weitgehend offener Landschaften. Die Falter fliegen im späten Frühjahr und Frühsommer, werden aber nur selten beobachtet. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und kommen nur gelegentlich an das Licht.
Der Hauptanteil der Nachweise erfolgt als Raupe, diese sind markant und leicht zu finden. Oft fallen die Kotballen an den besiedelten Blattrosetten als erstes auf. Die Eiablage erfolgt an den Blättern von Königskerzen (Verbascum spp.). Die Raupenentwicklung verläuft relativ schnell, meist innerhalb von 4 Wochen. Die Verpuppung erfolgt in einem recht festen Kokon in Bodennähe. Viele Raupen sind parasitiert und sterben im Kokon ab, noch bevor sie die letzte Raupenhaut abgestreift haben. Einzelne Puppen können mehrere Jahre überliegen.

Nahrung
Raupennahrung sind Königskerzen (Verbascum spp.). Konkrete Angaben für Sachsen gibt es von Verbascum thapsus, V. densiflorum, V. lychnitis, V. nigrum. In der Oberlausitz wird offenbar V. lychnitis bevorzugt, in anderen Naturräumen, wie Erzgebirge und Vogtland V. thapsus. Die Raupen fressen an den Blättern, vor allem vom Blattrand her. Manchmal bleiben nur die Blattrippen stehen.

Die Falter suchen vermutlich Blüten zur Nektaraufnahme auf. Ob es diesbezüglich Präferenzen gibt, ist nicht bekannt, da Beobachtungen hierzu fehlen.

Überregionale Verbreitung
Holo-Mediterran-Persisch (Eurasiatisch). Im Westen von der Iberischen Halbinsel (außer Portugal und der westlichen und nordwestlichen Teile Spaniens) über Italien (inkl. Inseln), West- und Mitteleuropa bis zum Ural, weiter ostwärts bis West-Afghanistan. In Großbritannien fehlt die Art in Schottland und Irland. Die nördliche Arealgrenze im kontinentalen Europa liegt etwa am 60. Breitengrad (Ronkay & Ronkay 1994). Im Süden reicht das Areal bis Nordafrika, ist hier aber inselartig zersplittert.
In Deutschland ist die Art in allen Bundesländern nachgewiesen.

Erhaltungszustand
SN: günstig (gutachterliche Bewertung)

Verantwortlichkeit (SN)
Allgemeine Verantwortlichkeit

Vorkommen
Status Etablierung in SN
indigen

Langfristiger Bestandstrend (SN)
starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend (Sachsen)
deutliche Zunahme

Bestand
Datensätze zurzeit in DB der Entomofaunistischen Gesellschaft Sachsen: 56
21 von 137 Messtischblättern (15%) sind seit 2000 mit Fundpunkten belegt. Ähnlich, wie C. scrophulariae wurde auch C. verbasci über nahezu 30 Jahre (zwischen 1968 und 1995) nicht gefunden, zumindest wurden keine Funde bekannt und dokumentiert. Die Art hatte ihr Areal aus Sachsen offenbar zurückgezogen.
Etwa 35 Fundpunkte sind zurzeit in der Datenbank dokumentiert. Es ist anzunehmen, dass es weitere Vorkommen gibt.

Fundpunktübersicht mit Nachweisen der Art (Stand Februar 2016)

Zeitraumkarte auf MTB-Quadrantenraster

Bestandsentwicklung / aktuelle Verbreitung
Der Königskerzen-Mönch war bis nach Mitte des letzten Jahrhunderts in Sachsen verbreitet und nicht selten, hat aber die höheren Lagen gemieden. Möbius (1905) bezeichnet die Art als häufig und gibt aus allen Landesteilen Funde an. Nach Heinicke & Naumann (1980 – 1982) im Süden der DDR verbreitet. In der Oberlausitz gab es letztmalig Raupenfunde 1968 durch Sbieschne, um dann für 30 Jahre zu verschwinden (Sbieschne et al. 2012). Möglicherweise war dies auch der zunächst letzte sächsische Nachweis. Der erste Fund nach dieser Absenzperiode gelang Jacobasch 1995 in der Gohrischheide in Form eines Falterfundes. Den ersten Raupennachweis gab es dann 1998 in der Oberlausitz durch Jornitz (Baruth – Schafberg). In den Folgejahren nahm die Funddichte und -Häufigkeit zu, ein Prozess, der sich noch heute fortsetzt, aber nicht den Umfang, wie bei C. scrophulariae erreicht. Aktuell sind 8 der 16 Naturräume Sachsens (dabei sind Oberlausitz und Erzgebirge nicht untergliedert), besiedelt.

Phänologie
Falterflugzeit (4 DS mit Datumsangabe)                Anfang April (6.4.) bis Mitte Juni (18.6.)
Raupe (48 DS mit Datumsangabe)                         Ende 1. Dekade Mai (10.5.) bis Mitte Juli (16.7.)

Erläuterung Phänologie
Die Puppen überwintern. Der Falterschlupf beginnt je nach Witterung bereits im April (bisher frühester Fund am 6.7.2007 in Wildenfels, leg. Küntzel). Die Flugzeit zieht sich bis Mitte Juni hin. Die Falteraktivitätsperiode beträgt 8-10 Wochen, wobei Einzelindividuen wohl nicht länger als 2 Wochen leben. Die ersten Eier werden gegen Ende April gelegt. Meist werden die Raupen erst beobachtet, wenn sie schon etwas größer sind (L2-L3). Frühester Fund am 10.5.2009 in Leipzig Wahren durch Wallberg, spätester Fund am 16.7.2011 in Grünhain/Erzgeb. durch Fischer. Die Raupenentwicklungszeit dauert etwa 4-6 Wochen.

Lebensraum/Habitat
Lebensräume sind offene, sonnenexponierte Ruderalfluren auf steinigen Böschungen, Dämmen, an Flussufern, Geröllhängen, in Weinbergen und Abbaugebieten/offenen Halden auf trockenen, eher nährstoffarmen bis mäßig nährstoffreichen Standorten mit Vorkommen von Königskerzen-Arten. Hierzu gehören Xero- und basiphytische Saumgesellschaften (Ordnung Origanetalia vulgaris), Xerophytische ruderale Distelgesellschaften (Ordnung Onopordetalia acanthii) sowie pflanzensoziologisch nicht zuzuordnende vegetationsarme Standorte in Gärten (aufgelassene Beetkulturen) oder andere Pionierstandorte. (Taxonomie der Vegetation nach Böhnert et al. 2001). Diese Charakterisierung trifft im Wesentlichen für das Eiablage und Raupenhabitat zu. Die sehr mobilen Falter sind auf der Suche nach neuen Eiablageplätzen auch außerhalb dieser Habitate zu finden.

Höhenstufen
planar-montan

Orogramm von C. verbasci

Besiedelt werden alle in Sachsen vorkommenden Höhenstufen, wobei die in der montanen Stufe nur der untere bereich erreicht wird. Schwerpunkt ist die planare Stufe, was auch die höheren Wärmeansprüche der Art verdeutlicht. Damit weicht die Höhenverbreitung aktuell kaum von der historischen ab.

Gefährdungen
Akute Gefährdung wäre potenziell die Vernichtung der für Königskerzen besiedelbaren Standorte durch Aufforstung und Bebauung.

Literatur
Böhnert, W., P. Gutte & P.A. Schmidt (2001): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2001; Hrsg. Freistaat Sachsen, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie.
Fischer, U. (1995): Rote Liste Eulenfalter-Stand 1995. – Materialien zu Naturschutz u. Landschaftspflege 8, Hrsg.: Sächsisches Landesamt f. Umwelt und Geologie.
Heinicke, W. & C. Naumann (1980-1982): Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Lepidoptera- Noctuidae. – Beitr. Ent. 30 (1980): 385-448, 32 (1982): 39-188.
Möbius, E. (1905): Die Großschmetterlinge des Königreiches Sachsen. – Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris 17: I–XXI, 1-235.
Ronkay, G. & L. Ronkay (1994): Noctuidae Europaeae, Cuculiinae I, Volume 6. – Entomological Press, Sorø
Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, S. Wauer, M. Trampenau & H. Jornitz (2012): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 2: Die Eulenfalter (Noctuidae). In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 13. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 14, Dresden.
Wachlin, V. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Eulenfalter, Trägspinner und Graueulchen (Lepidoptera: Noctuoidea) Deutschlands, Stand: Dezember 2007, geringfügig ergänzt Dezember 2010. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), Hrsg. Bundesamt f. Naturschutz: 197-239.

Bearbeitung: Uwe Fischer (Colditz); Stand: 23.02.2016